Zusammenfassung
Hintergrund Pflegende in der stationären Altenhilfe werden aufgrund ihrer engen Interaktion mit
den Sterbewünschen der pflegebedürftigen Personen konfrontiert, welche den Wunsch
nach dem assistierten Suizid umfassen können. Die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
ist seit der Nichtigkeitserklärung von §217 StGB in Deutschland nicht mehr untersagt.
Wenige Studien untersuchen bisher die Belastungen und Unterstützungsbedürfnisse von
Pflegenden. Des Weiteren fehlen Anhaltspunkte entlang derer einrichtungsinterne Positionen
zu diesem Themenkomplex erarbeitet werden können.
Ziele Erfassung von Belastungen und Bedürfnissen der Pflegenden in der stationären Altenpflege
am Beispiel der Diakonie im Zusammenhang mit Sterbewünschen und dem assistierten Suizid
sowie Identifikation relevanter Aspekte für eine einrichtungsinterne Positionierung.
Methode Befragung von Pflegenden mittels eines selbstentwickelten, nicht-validierten Fragebogens.
Anschließende Durchführung von semistrukturierten Interviews mit im Pflegekontext
ausgewiesenen Fachpersonen zu ausgewählten Fragebogenergebnissen und Praxislösungen
zum Umgang mit Sterbewünschen und dem assistierten Suizid in der stationären Altenhilfe.
Die Daten wurden deskriptiv sowie mit der fokussierten Inhaltsanalyse nach Kuckartz
analysiert.
Ergebnisse Die Daten von 434 Pflegenden und 8 Fachpersonen wurden ausgewertet. 98% (n=423) der
Pflegenden gaben in der Befragung an, Erfahrungen mit der Äußerung von Sterbewünschen
gemacht zu haben, während 93% (n=403) verneinten, dass es in ihrer Einrichtung schon
einmal einen assistierten Suizid gegeben habe. Zudem wünschten sich zwei Drittel (n=299)
der Befragten im Umgang mit Sterbewünschen und Wünschen nach dem assistierten Suizid
Unterstützung durch Supervision, Fortbildungen und klare Handlungsanweisungen. Aus
den Interviews mit fachlich erfahrenen Personen (n=8) ließen sich eine angemessene
Qualifizierung der Pflegenden, das Vorhandensein eines Netzwerks, die Teamkultur sowie
die zeitlichen Ressourcen als relevante Faktoren erkennen, anhand derer die Positionen
verschiedener Interessengruppen zum Umgang mit dem assistierten Suizid beschrieben
werden können.
Schlussfolgerung Der Umgang mit Sterbewünschen und Wünschen nach dem assistierten Suizid ist für Pflegende
der stationären Altenhilfe von praktischer Relevanz. Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse
ist aufgrund des diakonischen Kontextes beschränkt und ist für andere Settings zu
prüfen. Auf Basis der Studienergebnisse wurde von 3 Fachverbänden der Diakonie Bayern
eine Arbeitshilfe zur Unterstützung einer gemeinschaftlichen einrichtungsinternen
Positionierung für alle Mitarbeitenden erstellt.
Abstract
Background Nurses in residential elderly care often encounter the desire of care-dependent individuals
to die, including the consideration of assisted suicide due to their close interaction.
The commercial promotion of assisted suicide is no longer prohibited in Germany following
the nullification of §217 StGB. Few studies have investigated the burdens and support
needs of nurses in this context. Moreover, there is a dearth of guidance for developing
in-house positions on this complex issue.
Goals To assess the burdens and needs of nursing staff in inpatient geriatric care using
the example of the Diakonie in connection with the desire to die and for assisted
suicide and to identify relevant aspects for the internal position of the institution.
Methods Survey of nursing staff using a self-developed questionnaire. Subsequently, semi-structured
based on interviews with experienced professionals were conducted on selected questionnaire
results and for practical solutions for dealing with the desire to die and assisted
suicide in inpatient care for the elderly. The data was analyzed descriptively and
with Focused Content Analysis according to Kuckartz.
Results The data from 434 nursing staff and 8 experienced professionals were analyzed. In
the survey, 98% (n=423) of nurses stated that they had had experience of people expressing
a wish to die, while 93% (n=403) denied that there had ever been an assisted suicide
in their institution. Two-thirds of respondents (n=299) would like support in dealing
with the desire to die and wishes for assisted suicide through supervision, further
training, and clear instructions. The interviews (n=8) revealed that the appropriate
qualification of nursing staff, the existence of a network, the team culture, and
time resources were relevant factors for describing the positions of various stakeholders
in dealing with assisted suicide.
Conclusion Dealing with the desire to die and wishes for assisted suicide is of practical relevance
for nursing staff in residential care for the elderly. The generalizability of the
results is limited due to the diaconal context and should be examined for other settings.
Based on the study results, three professional associations within the Diakonie Bavaria
have developed a working aid for all employees to support joint internal positioning
within the facility.
Schlüsselwörter Sterbewünsche - assistierter Suizid - Handreichung - stationäre Altenpflege - Pflegende
Keywords desire to die - assisted suicide - guideline - inpatient elderly care - nurse